I would say it is much easier to play chess without the burden of an Adam’s Apple.
Schach als zentrales Thema einer Miniserie – das muss man sich erstmal trauen. Denn auch wenn es ein klassisches Spiel ist, so gehört es heutzutage wohl kaum zur Mainstreamunterhaltung, sondern hat eher einen leicht angestaubten, vielleicht sogar biederen Touch. Nicht so jedoch, wenn Beth Harmon in The Queen’s Gambit loslegt.
Plot
Nach dem Tod ihrer Mutter wächst Elizabeth Harmon in den 1950er Jahren in einem Waisenhaus in Kentucky auf. Dort entwickelt sie nicht nur eine Vorliebe für Beruhigungspillen, sondern auch für Schach, das der Hausmeister Mr. Shaibel ihr beibringt. Schnell erkennt er ihr Talent und fördert sie. Als Beth einige Jahre später adoptiert wird, macht sie sich mit Unterstützung ihrer Adoptivmutter schnell einen Namen im männerdominierten Schachsport. Ihrem großen Ziel, Weltmeisterin zu werden, stehen aber nicht nur die russischen Großmeister, sondern auch ihre Suchtprobleme im Weg.
Review
Ich muss zugeben: Ich habe noch nie ernsthaft versucht, Schach zu spielen. Zwar kenne ich die grundlegenden Zugmöglichkeiten der einzelnen Figuren, aber dieses Spiel ist halt so viel mehr, als den Turm vier Felder nach vorne zu setzen. Und genau das zeigt die Miniserie sehr gut. Beim Schach geht es um Taktikwissen, um Erfahrung, darum den Gegner zu kennen und seine Züge zu antizipieren, einen klaren Plan zu haben, einen kühlen Kopf zu bewahren und immer zehn Schritte voraus zu denken.
Es ist ein Spiel zwischen Genie und Wahnsinn und perfekt für jemanden wie Beth Harmon, die klug ist, aber nicht immer unbedingt sympathisch. Die klare Ziele hat, aber sich den Weg dorthin oftmals selbst schwer macht. Die weiß, dass sie ein Suchtproblem hat, aber nicht aufhören kann, weil die Pillen und der Alkohol ihr Spiel eben manchmal das benötigte Bisschen besser machen. Die ein Produkt ihres Umfelds ist – des Waisenhauses, in dem die Kinder mit Medikamenten ruhig gestellt werden und später der alkoholkranken Adoptivmutter – und für die Schach eine Flucht und gleichzeitig ein Fluch ist.
Das sind spannende Grundvoraussetzungen für eine Geschichte und diese Miniserie macht – so finde ich – wirklich sehr viel daraus: erzählerisch, ästhetisch und atmosphärisch. Anja Taylor-Joy nimmt man sowohl die selbstbewusst-arrogante Schachkönigin als auch die verletzliche, suchtkranke Waise jederzeit ab. Kritisieren kann man vermutlich die teilweise explizite Darstellung des Drogenkonsums, etwa wenn Beth Pillen nimmt und dann in ihrem Kopf Lösungen für komplexe Schachprobleme entwickelt. Da aber auch die andere Seite gezeigt wird – komplette Verwahrlosung und absoluter Kontrollverlust durch Alkohol – interpretiere ich das eher als Teil der Genie-und-Wahnsinn-Metapher als als Verherrlichung von Suchtmitteln.
Letztlich steht hier einfach eine junge Frau mit außergewöhnlichen Talenten im Mittelpunkt, die um ihr Können weiß, aber gleichzeitig damit, mit sich selbst und den äußeren Umständen überfordert ist und nach Wegen sucht, alles unter einen Hut zu bekommen. Dass es dabei Höhen und Tiefen gibt, macht die Geschichte nicht nur interessant, sondern glaubwürdig.
Fazit
Nicht jeder Hype um neue Netflix-Produktionen ist gerechtfertigt. Um diese aber schon. Zwar fange ich nun nicht an, selbst Schach zu spielen, kann aber verstehen, wenn Menschen das tun. Denn ehrlich: Ich glaube, interessanter wurde diese Spiel noch nie in einer Serie verarbeitet. Ich mochte The Queen’s Gambit jedenfalls sehr. Von der mal erfrischend anderen Idee, ein Taktikspiel ins Zentrum der Geschichte zu stellen über die famose Hauptdarstellerin bis zu tollen Kostümen und interessanten filmischen Effekten (etwa die Schachfiguren, die Beth in ihrem Kopf an die Decke projiziert) passt hier sehr viel zusammen, sodass ich nach den sieben Folgen fast traurig war, dass die Geschichte nun zu Ende ist.
Aber vielleicht ist das auch gerade die Stärke dieser Produktion – dass sie als Miniserie die Handlung komprimiert und stringent auf ein Ende hin erzählt. Ohne Längen, ohne Füller, aber auch ohne Hast. Eben wie eine gute Partie Schach.
Habt ihr The Queen’s Gambit gesehen oder steht es noch auf eurer Liste? Spielt ihr vielleicht selbst Schach? Und findet ihr Miniserien generell reizvoll oder fiebert ihr lieber über mehrere Staffeln mit?
Das klingt wirklich SEHR gut. Mal sehen, ob ich irgendwann nicht doch reinschaue… ;)
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Mach das mal. Die sieben Folgen kann man wirklich gut wegsnacken. 😉
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Werde ich bestimmt vielleicht einmal irgendwann… ;)
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„bestimmt vielleicht einmal irgendwann“ – die Standardantwort, wenn man einfach nicht mehr weiß, wann man das alles gucken soll. :-D
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Du sagst es! Aktuell bin ich ja noch bei „Making a Murderer“, danach werde ich wohl „Mindhunter“ schauen und Ende Februar gibt es die nächste Staffel von „Shameless“. Danach evaluiere ich die Lage noch einmal neu. ;)
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Das klingt auf jeden Fall sehr ausgebucht. :-D Wir schauen gerade „White Collar“ und „Daredevil“, dazu gucke ich alleine manchmal noch „Dawson’s Creek“. Und nun gab es auch noch neue Folgen von „Suits“ bei Netflix. Komme überhaupt nicht mehr hinterher.
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Ja, ziemlich ausgebucht. Und wird so schnell auch nicht abreißen. Habe alleine im Januar 7 Staffeln abgeschlossen, was eine unfassbare Menge ist (waren aber auch einige mit 4 Episoden dabei).
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Wow, sieben Staffeln! Da kann ich nicht mithalten, bei mir waren es nur drei. ;-)
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Sind aber auch etliche dabei gewesen, die ich bereits letztes Jahr angefangen hatte…
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Das ist ja klar. Wer schafft schon eine (längere) Staffel in einem Monat? Man will ja auch nicht jeden Abend das gleiche gucken. ;-)
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Da verstehst Du ja mehr von Schach als ich :-)
Hört sich zumindest interessant an, die Serie. Vom Ansatz her als auch von der Umsetzung.
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Das ist wirklich mal was anderes. Und zumindest ein bisschen was lernt man auch über Schach. 😉
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Der Vorteil hier – und deshalb wahrscheinlich doch der Grund, warum ich da reinschaue – ist der Miniserien-Stil. Da kann Netflix die Serie wenigstens nicht absetzen, wenn die Abrufzahlen in der ersten Woche nicht mehr gleich Milliarden erreicht. Das war doch immer das Minimum, was Netflix bei neuen Serien ansetzt, damit sie als erfolgreich gelten. oder? ;-)
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Ja, so ist es gefühlt leider. Ich machte diese Erfahrung letztes Jahr mit „Away“, das teuer produziert und toll besetzt war und trotzdem nach Staffel 1 abgesetzt wurde. Das kann dir bei „The Queen’s Gambit“ definitiv nicht passieren. ;-) Bin gespannt, ob Miniserien in den nächsten Jahren an Popularität gewinnen werden. Ich mag das Format.
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Ich kannte dieses Miniserien Prinzip bisher vorrangig von britischen Serien (BBC und Konsorten). Naja, mal abgesehen von „Doctor Who“. ;-)
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Ich muss bei „Miniserie“ immer an diese ARD-/ZDF-Mehrteiler denken, die irgendwie als Filmevents angekündigt werden, aber letztlich auch nichts anderes als Miniserien sind. Zumindest meiner Meinung nach. Nicht dass ich davon je irgendetwas geguckt hätte… :-D
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Jaja, gib’s ruhig zu. :D
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Da gibt’s nichts zuzugeben, ich guck sowas tatsächlich gar nicht.
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Glück gehabt. Also du und ich. Sonst hätte ich hier am Ende noch Rezensionen davon lesen müssen. Und das will ja niemand.
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Das will niemand lesen, in der Tat. Und ich will sowas vor allen Dingen auch nicht anschauen müssen.
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