Es mag sich komisch anhören, aber ich finde, Netflix und Eisdielen haben viel gemeinsam. Bei beiden gibt es einfach viel zu viel Auswahl.
Im Sommer kann ich mich bis zu dem Moment, in dem ich an der Reihe bin, nicht entscheiden, ob heute ein Schokolade-, Banane-, Stracciatella- oder After-Eight-Tag ist. Ähnlich ist es, wenn der schreckliche Moment ansteht, an dem ich eine Serie beendet habe und eine neue aussuchen muss.
Es folgt ein Abend, an dem ich eine stolze Menge meiner verfügbaren TV-Zeit damit verbringe, das Für und Wider der Serien abzuwägen, die es in die engere Auswahl geschafft haben. Denn wie auch beim Besuch in der Eisdiele gibt es hier natürlich Produktionen, die gar nicht erst infrage kommen und damit sozusagen das Erdbeereis des Streamings sind (Ich hasse Erdbeereis). Horrorserien etwa kommen mir nicht auf den Bildschirm. Auch auf Anthologieserien habe ich seit Black Mirror keine Lust mehr. Dennoch sind in meinem virtuellen Serienbecher immer noch viel zu viele Shows, die vielleicht meine neueste Obsession werden könnten – dann aber doch jedes Mal zugunsten einer süßeren Verführung zurückstecken müssen.
Höchste Zeit also, einmal näher zu beleuchten, wie es dazu kommt, dass diese Serien weiterhin ihr trostloses Dasein auf meiner Watchlist fristen und mich von dort aus so vorwurfsvoll anschauen wie das Vanilleeis in der Eisdiele, das ich zwar mag, aber ebenfalls nie auswähle.
Grund Nr. 1: Die Serie hat zu viele Folgen.
Um das gleich mal vorwegzunehmen: Ich mag „lange“ Serien. Wenn mir eine Produktion gefällt, dann schaue ich mir ohne mit der Wimper zu zucken, sechs, sieben, acht oder auch fünfzehn Staffeln an (Looking at you, Grey’s Anatomy!). Damit Letzeres möglich ist, muss ich aber meist schon frühzeitig in die Serie eingestiegen sein. Um beim genannten Beispiel zu bleiben: Grey’s Anatomy schaue ich seit Jahren kontinuierlich im TV. Die neueste Staffel kommt raus – ich bin dabei. Sich im Streaming hingegen für eine unbekannte Serie zu entscheiden, die – sagen wir mal – mehr als 120 Folgen hat, fällt mir verdammt schwer.
Die Verpflichtung ist einfach enorm. 120 Folgen, das sind für mich mindestens 60 Abende, eher mehr. Darum hatten etwa Supernatural (aktuell 301 Folgen), The Walking Dead (aktuell 127 Folgen), 24 (204 Folgen) und Akte X (218 Folgen) bislang immer furchtbar schlechte Karten, auch wenn ich alle vier gerne gesehen hätte. Aber die Zeit, die ich mit TV-Serien verbringen kann, ist eben begrenzt.
Grund Nr. 2: Die Serie ist noch nicht abgeschlossen.
Früher war es mir schnurzpiepegal, ob eine Serie noch lief oder bereits beendet war. Wenn sie mich interessiert hat, habe ich angefangen, sie zu schauen. Daraus resultiert, dass ich bis zum heutigen Tag zahlreiche Serien verfolge, von denen immer noch neue Staffeln produziert werden: Grey’s Anatomy, Suits, Chicago Fire, The Blacklist, Arrow, Modern Family, This is us, The Big Bang Theory …
Aktuell stelle ich mir deshalb die Frage, ob ich diese doch schon recht lange Liste unbedingt noch erweitern muss. Bereits abgeschlossene Serien zu schauen, hat einfach zahlreiche Vorteile, auch wenn einem dadurch natürlich das bittersüße Warten auf die neueste Staffel (das ich mehr liebe, als ich zugeben mag) durch die Lappen geht. Im Moment aber bin ich so gut mit laufenden Produktionen versorgt, dass ich eher dazu tendiere, eine Serie zu erwählen, die bereits beendet wurde und die ich dann am Stück schauen kann. Das ist unter anderem einer der Gründe, warum ich mich bislang noch nicht an Game of Thrones gewagt habe.
Grund Nr. 3: Die Serie wurde abgesetzt, aber nicht abgeschlossen.
Des Serienfans Super-GAU! Da investiert man Zeit und Emotionen in eine Serie, lernt die Charaktere kennen und lieben, leidet und freut sich mit ihnen – und dann endet der Spaß abrupt, im schlimmsten Fall mit einem Cliffhanger. Ich werde nie verstehen, wieso Produktionsfirmen ihren Serien das antun.
Es ist völlig in Ordnung, eine Serie, die ihren Zenit überschritten hat, zu beenden – aber dann bitte anständig. Sollte das in der aktuellen Staffel nicht möglich sein, dann tut es doch auch eine verkürzte finale Staffel (hat zum Beispiel bei Fringe sehr gut funktioniert) oder meinetwegen ein abschließender Film. Dadurch erhöhen sich meiner Meinung nach auch die Chancen, dass die Serie nach ihrem Ende im Stream gut funktioniert, massiv. Inzwischen recherchieren zumindest der Herr Koch und ich nämlich ziemlich genau, bevor wir eine Serie beginnen, ob sie nicht nur abgeschlossen, sondern auch wirklich beendet wurde. Zu enttäuschend war, was wir vor einiger Zeit mit The 4400 – Die Rückkehrer erlebt haben – einer Serie, mit der wir wirklich Spaß hatten und uns umso mehr über das Cliffhanger-Ende ärgern mussten.
Grund Nr. 4: Die Serie ist neu und eine Fortsetzung unsicher.
Wenn es an einer Sache nicht mangelt, dann an Seriennachschub. Zumindest auf Netflix gibt es praktisch wöchentlich irgendeine eigenproduzierte oder eingekaufte neue Serie zu begutachten. Manche davon werden extrem gehypt – aktuell zum Beispiel The Umbrella Academy, Ende letzten Jahres war es Chilling Adventures of Sabrina – und dementsprechend verlockend ist es, sie sich anzuschauen.
Was mich meistens doch davon abhält, ist die Unsicherheit, wie es mit diesen Serien weitergehen wird. Was, wenn sich der Hype nicht in den Abrufzahlen widerspiegelt? Was, wenn es keine zweite Staffel geben wird? Dann habe ich mich auf eine neue Serie eingelassen und muss ihre Welt nach nur wenigen Folgen wieder verlassen, vermutlich sogar ohne einen richtigen Abschluss (womit wir wieder bei Grund 3 wären).
Für mich sind solche neuen Serien mit kurzen Staffeln (acht bis zehn Folgen) aktuell eher Lückenfüller, die ich dazwischenschiebe, wenn ich mich nicht für eine „richtige“ Serie entscheiden kann oder einfach mal etwas anderes schauen will. Oft war das bislang allerdings nicht der Fall. Ja, ich schaue gerade The Umbrella Academy – danach werde ich mich aber mit großer Wahrscheinlichkeit wieder einer längeren Serie widmen und aus der Distanz betrachten, wie sich diese (aktuell noch) One-Hit-Wonder-Serien entwickeln. Und wer weiß – vielleicht gebe ich ihnen nach zwei, drei Staffeln dann doch eine Chance…
Habe ich noch Gründe vergessen, die dagegensprechen, sich eine Serie anzuschauen? Dann schreibt sie unbedingt in die Kommentare! Wie entscheidet ihr, welche Serien es (nicht) auf Euren Bildschirm schaffen?
Ich unterschreibe ohne mit der Wimper zu zucken Grund 3 und Grund 4. Das mit dem Absetzen oder eben Nichtfortsetzen ist grausam. Da habe ich schon oft geschluckt. Für mich gibt es aber nichts Schöneres, als vor 15 Staffeln zu stehen, wenn mich die Serie bei der ersten Folge gekriegt hat. Das bedeutet Binge-Watching 2.0. Keine langweiligen Abende mehr und immer genau wissen, was man sehen möchte. Schlimmer finde ich es, wenn eine Serie schlechter wird, man aber voller Hoffnung auf Besserung sie unbedingt weiterschauen möchte. So geschehen bei Grimm, wo ich mich mühsam durch die letzten drei Staffeln quälte und das bis zum mittelprächtigen Finale. Liebe Grüße, Alice
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Oja, das kenne ich auch – wenn man sich durch eine Serie, die einem nicht mehr so richtig gefällt, bis zum Ende hangelt, weil man sie nicht aufgeben mag. Bei Grimm fand ich eigentlich nur die letzte Staffel nicht so richtig gelungen, aber ich verstehen absolut, was du meinst. Das Problem bei Serien mit 15 Staffeln ist halt meistens, das es auch dort „Schwächeperioden“ gibt. War bei Grey’s Anatomy zumindest so, auch wenn ich finde, das die Serie sich echt wieder gut gefangen hat.
LG Maren
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Die Länge einer Serie hat mich noch nie abgeschreckt. Eher im Gegenteil. Wenn es eine Serie auf über 200 Folgen bringt, muss da ja irgendwas dran sein, dass sie so lange lief oder immer noch läuft. Im Zweifelsfall gucke ich dann rein und wenn es mir nicht gefällt, ziehe ich halt den Stecker. Oder ich habe eben jede Menge Serie vor mir.
Momentan gucke ich aber eh kaum was, weil mir die Zeit fehlt. Deshalb begrüße ich nebenbei auch den Trend, Serienstaffeln nicht mehr mit über 20 Folgen zuzuballern, wovon die Hälfte dann eh nur Filler ist.
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Mein Problem mit so richtig langen Serien ist eben, dass ich schon weiß, dass ich nicht „den Stecker ziehen“ werde. Da habe ich eine Art inneres Pflichtgefühl, fast als hätte ich einen Vertrag mit der Serie abgeschlossen. Deshalb überlege ich bei solchen 100+-Serien schon mal. Lustigerweise aber vor allem, wenn ich sie alleine schaue. In Gesellschaft ist das wieder was anderes.
Dir fehlt die Zeit zum Serienschauen wahrscheinlich, weil du so viel schreibst? Ich wünschte, ich hätte deine Phantasie, dann könnte ich das auch mal umsetzen. Hab total Lust, was Fiktives zu schreiben, aber null Inspiration aktuell.
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Ich bin da inzwischen rigoros. Was mich nach 4 Folgen nicht hat, fliegt weg. Unabhängig davon, ob es 12 oder 120 Folgen sind.
Ja, ich habe zu viel zu tun. Quasi viel zu viel Inspiration. Ich schicke dir mal welche rüber, vielleicht hilft es. Hier: … inspirierinspirier … Romanze … inspirierinspirier … Abenteuer … inspirierinspirier … Action … inspirierinspirier … mindestens drei Teile … inspirierinspirier … Froschmutanten … inspirierinspirier …
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4 Folgen? Hat sich das als perfekte Anzahl erwiesen, um eine Serie beurteilen zu können? :-D Ich wünschte jedenfalls, ich wäre auch so konsequent. Selbst wenn die Serie richtig kacke ist, gucke ich mir zumindest die erste Staffel noch bis zum Schluss an…
Danke auch für die Inspiration – Froschmutaten sind mir definitiv noch nicht in den Sinn gekommen. Klingt mir nach den richtigen Kreaturen für eine romantische Schmonzette! :-D
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also für mich funktioniert es, weil ich festgestellt habe, dass eine Serie mich entweder mit den ersten paar Folgen kriegt oder gar nicht mehr. Die Zeiten, in denen ich mich in der Hoffnung, doch noch Interesse daran zu entwickeln, durch mehrere Serienstaffeln gequält habe, sind einfach vorbei. Spätestens seit „Boardwalk Empire“, das mich nach 3 Staffeln immer noch nur gelangweilt hatte, obwohl ich es so gerne gut finden wollte. Wenns nicht klickt, dann klickts halt nicht und mir ist keine Serie bekannt, wo ich dann plötzlich bei Folge 21 gesagt hätte „Boah, ja, jetzt ist es ja doch alles so richtig geil!“
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Grund 2 und 4 könnte man fast zusammenfassen. Ich bin da auch eher vorsichtig, aber manchmal packt es mich dennoch (siehe z.B. „Westworld“ oder „The Marvelous Mrs. Maisel“). Dennoch starte ich am liebsten auch Serien, die bereits abgeschlossen sind. Da weiß man dann, was man hat.
Grund 3 hätte mir mit „Firefly“ eine meiner liebsten Serien verwehrt. Insofern habe ich irgenwie ein Herz für zu früh abgesetzte Serien. Auch „Deadwood“ werde ich bestimmt noch schauen, zumal hier ja auch nach Jahren noch ein Film angekündigt wurde.
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Stimmt, 2 und 4 sind sich recht ähnlich. Aber schon spannend, dass die Tendenz doch bei vielen dazu geht, vor allem beendete Serien zu schauen. Ich erwische mich selber ja auch dabei – auch wenn ich gerade völlig gegen meine Natur erst „You“ und jetzt „The Umbrella Academy“ geschaut habe. War auch beides wirklich in Ordnung, also sollte ich vielleicht nicht so streng sein…
Mit den abgesetzten Serien kann ich allerdings nicht so nachsichtig sein. Ich glaube, da bin ich echt ein gebranntes Kind jetzt…
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Hallöchen,
ich kann deine Gründe sehr gut nachvollziehen.
Zu Grund 1:
Ich habe zwar nichts gegen lange Serien an sich, aber wenn ich die Auswahl zwischen einer Serie mit 5 Staffeln und einer mit über 10, wird meine Wahl immer auf die kleinere Staffel fallen. Genauso, wie ich mehr zu kurzen Folgen tendiere als zu langen.
Zu Grund 2:
Das mache ich mittlerweile auch nur noch so. Bei einer abgeschlossenen Serie muss man nicht ewig auf die neue Staffel warten um bis dahin, vergessen zu haben was in den letzten drölf Staffeln passiert ist. Früher habe ich die Wartezeit auch gleichzeitig geliebt und verflucht, aber seit ich nicht mehr so aktiv bin um mit Fans Ewigkeiten jeden Schnipsel auseinander zu nehmen und auch nicht mehr so regelmäßig schauen kann, bevorzuge ich Serien an einem Stück zu schauen.
Zu Grund 3:
Gerade bei abgeschlossenen Serien kann man sich sicher sein, was man für ein Ende zu erwarten hat. Das „Lost“ ein eher ungünstiges Ende hat, habe ich auch ohne die Serie je gesehen zu haben mitbekommen. Und wenn die Serie gut zu Ende geführt wird (und wenn es nur mittels eines abschließenden Comics ist), ist das oft auch bekannt.
Zu Grund 4:
Kenne ich als einzigen Punkt mittlerweile weniger. Klar ich habe auch schon Serien gesehen, die nach einer oder zwei Staffeln abgesetzt wurden. Aber gerade nachdem man Grund 2 beachtet, ist man hiervor eigentlich ganz gut gewappnet. Dann weiß man zumindest, dass nach einer Staffel Schluss ist.
Viele Grüße
Abigail
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Da sind wir uns ja in vielen Punkte sehr einig! Allerdings muss ich zu Lost kurz anmerken, dass die Serie ja durchaus zu Ende geführt wurde und es ein richtiges Ende gibt. Dieses Ende kann man mögen, muss man aber nicht (ich mag es nicht :-D). Aber abgesehen davon bietet Lost wirklich fantastische Unterhaltung und ist sicherlich eine der besten TV-Serien, die ich je gesehen habe (und noch sehen werde). Da stimmt wirklich fast alles. Vielleicht hast du ja doch irgendwann nochmal Lust, einen Blick zu riskieren. Lohnt sich auf jeden Fall! Sind allerdings ziemlich lange Staffeln, zumindest am Anfang. ;-)
LG Maren
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Grund 1 sieht auch bei mir ganz oben. Meine Serienzeit ist begrenzt (ca 2 Stunden die Woche im Schnitt) , und wenn ich sehe, ich brauche drei Jahre….
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Mir ist eigentlich egal, wie lang die Serien sind – Hauptsache, sie haben einen vernünftigen Abschluss ohne Cliffhanger. Darum liebe ich Miniserien – da weiß man, was man am Schluss hat bzw. dass es einen Schluss gibt. Damit komme ich zu meinem großen Problem: Kommt eine neue Serie „auf den Markt“, suche ich mich oft dumm und dämlich, um etwas über das Ende herauszubekommen. Dass „Home after dark“ in der ersten Staffel mit einem Cliffhanger endet, hab ich mühselig auf einer englischsprachigen Seite herausbekommen (falls die automatische Übersetzung gestimmt hat).
Und weil man nicht nur meckern, sondern Positives einbringen soll, haben wir 2 Threads aufgemacht (es wäre schön, wenn Ihr Euch da mit noch nicht vorhandenen Serien einbringen würdet):
– http://board.serienjunkies.org/index.php?thread/101754-serien-die-mit-einen-cliffhanger-enden/
– http://board.serienjunkies.org/index.php?thread/101752-serien-die-ohne-einen-cliffhanger-enden/
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