Ich finde Heißluftballons faszinierend. Wann immer ich einen am Himmel erspähe, muss ich stehenbleiben und hinaufschauen, bis er aus meinem Sichtfeld verschwunden ist. Wenn keiner hinschaut, kann es sogar passieren, dass ich einfach winke. Vielleicht tue ich das auch, wenn zwanzig Leute zuschauen, denn vielleicht ist es mir einfach egal, ob andere mich für seltsam oder verrückt halten. Aber das steht auf einem anderen Blatt.

Ich finde Heißluftballons aber auch faszinierend, weil sie so mächtig, so kraftvoll sind, dass sie künstlich auf dem Boden gehalten werden müssen. Es gibt auch heute noch keine echte Möglichkeit, sie zu steuern oder gezielt an einem bestimmten Punkt zu landen. Leinen und jede Menge Ballast sind nötig, um diese wunderschönen und auch unberechenbaren Wunderwerke im Zaum zu halten. Lässt man sie jedoch frei, nimmt ihnen die Ketten und lässt zu, dass sie ihren Ballast abwerfen, steigen sie hoch in die Lüfte und gehen ihren ganz eigenen Weg: frei, wild und wunderbar.

Materieller Ballast: Brauche ich all diese Dinge wirklich?

Zugegeben: Ich bin noch nie in einem Heißluftballon mitgefahren und würde eine solche Fahrt auch nicht als einen meiner Lebensträume beschreiben. Dennoch finde ich das Bild des in die Lüfte steigenden Ballons einfach großartig. Es vermittelt auf simple Weise eine Botschaft, die theoretisch sehr einfach, praktisch aber ziemlich schwierig ist, nämlich: Wirf Deinen Ballast ab und mach Dich auf zu Deiner Reise!

Bereits letzte Woche schrieb ich darüber, dass ich aktuell einige Dinge in meinem Leben hinterfrage. Unter anderem werfe ich einen kritischen Blick in meinen Kleiderschrank, mein Bücherregal und auch sonst jeden Ort in der Wohnung, wo sich Dinge ansammeln. Ich sage bewusst „Dinge“, nicht „nützliche Dinge“ oder „schöne Dinge“ oder „Erinnerungsstücke“, sondern einfach nur „Dinge“. Alte Bücher und Krimskrams aus meinem Studium und meiner Lehrerzeit, Dekokram, Büromaterial, Notizhefte, ausgediente Kameras, ungeliebte Pullover und Jacken, Halstücher für eine ganze Kompanie und und und. Irgendwann waren diese Gegenstände bestimmt mal nützlich oder ich fand sie schön. Inzwischen empfinde ich viele davon als Ballast.

Sie verstopfen meinen Kleiderschrank oder verstauben auf meinem Regal. Sie nehmen Platz weg und erfüllen keine Funktion (mehr). Welche Daseinsberechtigung haben sie also noch? Richtig, keine. Deshalb werden sie in den nächsten Monaten nach und nach die Wohnung und mein Leben verlassen. Alles, was noch irgendjemandem nützlich sein kann, werde ich verschenken oder verkaufen. Der Rest wandert entweder direkt auf den Müll oder erstmal in eine Kiste im Keller, in der ich alles aufbewahren werde, von ich mich noch nicht sofort trennen möchte. Alles, was ich bis zum nächsten Umzug nicht aus dieser Kiste befreit habe, wandert dann ebenfalls auf den Müll. Zurück bleiben dann hoffentlich nur Dinge, die mir wichtig sind und die ich nicht als Ballast empfinde: gute oder ungelesene Bücher, Lieblingsklamotten, Stücke mit nostalgischem Wert.

Gedanklicher Ballast: Ist das wirklich mein Problem?

Materiellen Ballast loszuwerden, ist eigentlich nicht so schwer. Der Trick dabei ist, anzufangen, egal wo. Hier ist „einfach machen!“ ein gutes Motto. Anders verhält es sich natürlich mit gedanklichem Ballast. Als soziale Wesen steckt es uns Menschen einfach in der DNA, anderen Menschen gefallen und ihnen alles recht machen zu wollen. Oft wollen wir es nicht nur denen, die wir mögen, recht machen, sondern noch viel mehr denen, die wir nicht mögen. Nicht selten fungiert dieser gedankliche Ballast als eine Art Bremse, die uns davon abhält, bestimmte Dinge zu tun. Davon können kleine Lebensaspekte (z. B. der Verzicht auf ausgefallene Kleidung, weil die Angst vor der möglicherweise negativen Reaktion darauf zu groß ist) genauso betroffen sein wie große (Umzug, Bruch mit einer Gewohnheit, Jobwechsel, Familiengründung, …).

Ich habe bereits 2016 für mich selbst eine Menge Ballast abgeworfen, als ich meinem Berufsleben eine neue Wendung gegeben habe. Es war eine dieser „Das macht man eigentlich nicht“-Entscheidungen und ich habe sie trotzdem getroffen. Ich wusste, dass sie zu Unverständnis führen und einen Rattenschwanz an Problemen mit sich bringen wird, aber es war mir egal. Noch heute erinnere ich mich daran, wie gut ich in der Nacht, nachdem diese Entscheidung endgültig durch war, geschlafen habe. Seit diesem Zeitpunkt ist es mir tatsächlich ziemlich egal, was andere Menschen über meine Lebensentscheidungen denken. Stecken sie in meinen Schuhen? Nein. Haben sie das Recht, sich ein Urteil über mein Leben zu erlauben? Nein. Tun sie es trotzdem? Sicher. Sollte mich das irgendwie in meiner Entscheidung beeinflussen oder sonstwie interessieren? Ganz bestimmt nicht.

Etwas, das ich ebenfalls aus dieser Situation gelernt habe, ist es, nicht jedes Problem zu meinem eigenen zu machen. Tatsächlich kann ich inzwischen ganz gut trennen zwischen Angelegenheiten, die mich direkt und unmittelbar betreffen und solchen, die mein Leben am Rande tangieren, die weit in der Zukunft liegen und irgendwann einmal eintreten könnten oder – ganz wichtig! – solchen, auf die ich keinen Einfluss habe.

Beispiel gefällig? Im Februar war ich vier Tage krank. Zwei davon hätte ich eigentlich arbeiten müssen. Ich war aber krank. In dieser Zeit ist natürlich Arbeit liegen geblieben oder musste umverteilt werden. Konnte ich etwas an diesem organisatorischen Problem ändern? Nein. Habe ich deswegen zu Hause gelegen und mir den Kopf zerbrochen, wie denn jetzt wohl alles werden soll? Nein, denn das ist nicht mein Problem, sondern das meines Vorgesetzten. Mein einziges Problem war die dicke Erkältung, die mich dahingerafft hatte. Das hat übrigens nichts mit fehlender Empathie oder mangelnder Hilfsbereitschaft zu tun, sondern ist eine Form von Selbstschutz oder auch einfach gesunder Egoismus. Wenn unsere Nachbarn jemanden brauchen, der im Urlaub ihre Blumen gießt; wenn der Fahrradfahrer vor mir einen Unfall hat und versorgt werden muss; wenn ein Kollege Hilfe benötigt – ich bin die Letzte, die sich auf den Hacken umdreht und in die entgegengesetzte Richtung läuft.

Was den gedanklichen Ballast angeht, habe ich mich also schon vor längerer Zeit auf den Weg gemacht und auch schon ein gutes Stück zurückgelegt. Dennoch gibt es immer noch Situationen, in denen ich in alte Denkmuster verfalle und mich frage, was wohl X denkt, wenn ich Y mache oder sage. Sie werden weniger, diese Momente, denn eines weiß ich inzwischen: Nichts hat sich jemals dadurch geändert, dass ich einfach abgewartet habe. Nichts hat sich jemals dadurch geändert, dass ich geschwiegen habe. Die Frage ist also: Ist mir der Umstand so wichtig, dass ich mich aktiv dafür einsetzen möchte, dass er geändert wird? Und wenn ja: Wann ist der richtige Zeitpunkt dafür? Denn auch Ballast sollte nicht wahllos, sondern wohl dosiert und kontrolliert abgeworfen werden. Timing ist wichtig für einen sicheren Flug, aber eine große Portion Mut gehört trotzdem dazu. Und zwar immer.

Und sonst so? – Der März in Kurzform

Arbeit: Anstrengend auf so vielen Ebenen. Zum Glück steht jetzt ein langes Wochenende vor der Tür.

Gesundheit: Definitiv besser als noch im Februar. Die ominösen Bauchschmerzen blitzen inzwischen immer seltener auf.

Hobbys: Der aktuelle Tanzkurs ist vorletzte Woche zu Ende gegangen, sodass der Herr Koch und ich gerade eine kleine Tanzpause einlegen. Nach Ostern geht’s weiter.

TV-Serien: Ziemlich ungeplant habe ich mir diesen Monat die siebte Staffel The Vampire Diaries angeschaut. War nett, aber mehr auch nicht. Außerdem haben der Herr Koch und ich die fünfte Staffel Grimm beendet und warten nun auf Staffel sechs. In der Zwischenzeit geben wir 11.22.63 nochmal eine Chance…

Unternehmungen: Im März waren wir für unsere Verhältnisse und unsere wenige gemeinsame Freizeit sehr unternehmungslustig. Anfang des Monats haben wir den Geburtstag des Herrn Koch gefeiert, wenig später waren wir in Hamburg auf der Internorga sowie hier in Braunschweig bei einem Gin-Tasting. Dafür dass ich eigentlich keinen Gin mag, weiß ich nun ziemlich viel darüber. 😀

Was mich glücklich gemacht hat: Dass der Herr Koch und ich nun schon das dritte Mal seinen Geburtstag zusammen feiern konnten. Dass es schon einen Hauch von Frühling gab. Dass ich schon ein paar Dinge von meiner To Do-Liste für die nächsten Wochen geschafft habe.

Was mich traurig gemacht hat: Dass wir jetzt eine Regierung haben, die Ministerposten mit Jens Spahn und Horst Seehofer besetzt hat. You gotta be kidding me.

Im März habe ich offensichtlich viel gegrübelt, was nun zu diesem Beitrag geführt hat. Fühlt Ihr Euch auch manchmal vom materiellen Überfluss in Eurem Zuhause völlig erschlagen? Für mich ist dieses Gefühl neu, aber Dinge auszusortieren empfinde ich aktuell als sehr befreiend. Und habt Ihr Tipps, wie sich gedanklicher Ballast leichter abwerfen lässt?