Wir haben sie alle. Diese eine Serie, bei der wir einfach schwach werden. Die eigentlich nicht unseren „Ansprüchen“ als gebildeter Serienfan, der voller Begeisterung The Wire oder Game of Thrones oder Six Feet Under geschaut hat, genügt. Diese eine, für die wir uns eigentlich zu alt fühlen und – ganz ehrlich – eigentlich auch zu alt sind. Diese eine, bei der wir „nur mal reinschauen“ wollten und dann doch die ganze Staffel geschaut haben. Oder alle Staffeln. Ich spreche hier natürlich über Serien, die gemeinhin der Kategorie „Guilty Pleasure“ zugeordnet werden können. Serien, die uns in eine Welt entführen, der wir uns einfach nicht entziehen können, egal, wie rational wir es auch versuchen.

Ganz egal, welche es auch bei Euch ist, es gibt gute Gründe dafür, warum solche vermeintlich flachen Serien einfach funktionieren. Bei jedem. Sorry, aber ich glaube es einfach nicht, wenn jemand behauptet, keine Guilty-Pleasure-Lieblingsserie zu haben. Ich gebe unumwunden zu: Ich habe gleich mehrere. Angefangen bei Magnum, meiner absolut liebsten 80er-Serie, über CSI: Miami (Horatio Caine und seine Sonnenbrille sind einfach ganz großes Kino!) bis hin zu Teenieserien wie Pretty Little Liars (gruselig!) und The Vampire Diaries (diese schlechten Spezialeffekte – welch ein Spaß!) habe ich schon so einiges aus der Scham-Kategorie durchgesuchtet. Und wisst ihr was? Ich hatte (und habe) einfach Spaß dabei. Auf der Suche nach dem Geheimrezept hinter solchen Geschichten bin ich auf sechs Faktoren gestoßen, die dafür verantwortlich sind.

Warum Guilty Pleasure einfach funktioniert

1. Simple Story

Wie ich schon in der Einleitung zu diesem Beitrag schrieb, zeichnen sich Guilty-Pleasure-Serien normalerweise nicht gerade durch eine komplexe Erzählweise aus. Meistens erwarten den Zuschauer drei bis vier Handlungsstränge, die sich immer wieder überschneiden bzw. ineinander verflochten sind. Die folgenübergreifende Story ist relativ simpel und verzeiht es auch, mal eine Folge verpasst zu haben. Rückblenden am Anfang einer jeden Folge erleichtern den Einstieg in die Geschichte der aktuellen Folge. Generell verlangen Guilty-Pleasure-Serien dem Zuschauer eher wenig Aufmerksamkeit und auch wenig kognitive Leistung ab. Das macht sie zum perfekten Feierabendvergnügen.

2. Überdurchschnittliche attraktive Schauspieler

Gerade in US-Serien sind die Schauspieler ja meistens eh überdimensional hübsch. Da Guilty Pleasure aber eine eher simple Story bietet, gilt es, den Serienfans auch andere Anreize zu bieten, um immer wieder einzuschalten. Hervorragend eignen sich dafür gutaussehende Damen und Herren zwischen – sagen wir mal – 18 und 35. Ich tippe mal, dass Frauen eher dazu neigen, echte Fangirls zu werden (ja, singende Lehrerin – ich schaue Dich an! ♥ ), aber ich kann mir durchaus vorstellen, dass auch Männer es sich nicht nehmen lassen, immer wieder einzuschalten, wenn die Hauptdarstellerin nett anzusehen ist.

3. Kluge Cliffhanger

Wie lässt sich selbst die langweiligste Folge retten? Mit einem richtig schlimmen Cliffhanger! Wer sich fragt, ob die Lieblingsfigur wirklich beim Knutschen erwischt wird/ihren Job verliert/entführt wird/all ihr Geld verloren hat/ins Gefängnis muss/ stirbt (!), wird auch die nächste Folge definitiv einschalten.

4.  Bedienung einfacher und universeller Motive

Familie, Freunde, Liebe, Treue, Eifersucht, Neid, Angst, Hass – wer sich einmal genauer damit beschäftigt, welche Gefühle die Charaktere in Guilty-Pleasure-Serien zum Handeln motivieren, wird immer wieder bei den ursprünglichsten aller menschlichen Motive landen. Gerade Liebe, Neid, Eifersucht und Hass sind Gefühle, um die sich praktisch unendlich viele Geschichten stricken lassen. Immer und immer wieder.

5. Charaktere mit hohem Identifikationspotential

Es kommt nicht von ungefähr, dass viele der Serien, die gemeinhin als Guilty Pleasure gelten, ähnliche Settings haben. Oft geht es um Freundescliquen in der Schule, der Uni oder auf der Arbeit oder um Familien. Warum? Weil in diesen Settings Szenen durchexerziert werden können, die jeder Zuschauer kennt. Weil in Cliquen oder Familien jede Figur eine bestimmte Rolle ausfüllen kann: Die Schöne, die Schlaue, der Draufgänger, der Schüchterne. Die besorgte Mutter, der große Bruder, die kleine Schwester, der strenge Vater. Oft werden Klischees bedient, aber genau das ist Teil des Konzepts, denn – so schlimm es manchmal ist – Klischees sind eben doch oft ein Abbild der Realität.

6. Mischung verschiedener Genres

Egal ob Familienserie und Comedy, Drama und Thriller oder Krimi und Mystery – meist lassen sich Guilty-Pleasure-Serien nicht ohne Weiteres einem Genre zuordnen (außer dem Guilty Pleasure vielleicht 😉 ). Stattdessen bedienen sie sich bei Elementen aus verschiedenen Genres und mischen diese oft erschreckend gekonnt. Ein gutes Beispiel ist Pretty Little Liars, das sowohl Teeniedrama- als aus Thriller-/Horror- und Mystery-Elemente enthält.

Fazit

Guilty Pleasure macht Spaß – und darum auch so süchtig. Wahrscheinlich ist nicht jeder Serienfan gleich anfällig für diese doch recht spezielle Gattung. Manchmal hat es einfach auch etwas mit der eigenen Lebenssituation zu tun, ob eine Serie einen Nerv trifft oder nicht. Ich erwische mich selbst dabei, wie ich in stressigeren Lebensphasen dazu neige, mich in Geschichten zu stürzen, die mich unterhalten, ohne etwas einzufordern; die einfach gestrickt sind und in denen ich mich wiederfinde. So erfüllt Guilty Pleasure auf kluge Weise gleich mehrere menschliche Bedürfnisse. Nicht mehr, aber eben auch nicht weniger.

Wie steht Ihr zum Thema Guilty Pleasure? Welche Serie schaut Ihr gerne, auch wenn es Euch vielleicht etwas peinlich ist? Wir sind hier unter uns, also lasst es raus! 😀