Einige von Euch denken jetzt wahrscheinlich: „Wie bitte? Der Januar soll anstrengender sein als der Dezember mit all dem Vorweihnachts- und Jahresabschlusswahnsinn? Kann gar nicht sein!“. Doch, kann es. Und das Schlimmste daran ist, dass ein Großteil des Januar-Stressproblems hausgemacht ist und eigentlich schon im Dezember anfängt.

Januar: Der Monat, der schon den halben Dezember überschattet

Neben der unvermeidlichen „Was machst Du eigentlich an Silvester?“-Frage wird vermutlich keine weitere im Dezember so oft gestellt wie „Und, was hast Du Dir für das neue Jahr vorgenommen?“ Ob abnehmen, mehr Sport oder weniger Zigaretten – das Jahresende markiert für unsere Gesellschaft einen Abschluss, der die Chance mit sich bringt, im Januar die Uhren auf Null zu stellen und von vorn zu beginnen. Das kann man positiv, aber auch negativ sehen. Denn ganz im Ernst: Die Tatsache, das erwartet wird, jeder müsse im neuen Jahr etwas ändern, impliziert, dass im alten Jahr etwas nicht gestimmt hat, ein Ziel nicht erreicht oder eine schlechte Angewohnheit nicht abgelegt wurde.

Ich frage mich: Warum gehen wir eigentlich immer vom Schlimmsten aus? Selbst wenn das vergangene Jahr nicht perfekt war – warum muss es das denn gewesen sein? Und warum muss das neue Jahr dafür herhalten, das vermeintlich unperfekte Jahr „auszubaden“? Laut statista möchten 59 % der Deutschen im Jahr 2018 Stress vermeiden bzw. abbauen und 58 % möchten mehr Zeit mit der Familie verbringen. Wie das gehen soll, wenn gleichzeitig auch noch ein straffes Sportprogramm, gesunde Ernährung, krasse Reisen und beruflicher Erfolg auf dem Plan stehen, ist mir ein Rätsel.

Sind das wirklich MEINE Ziele?

Versteht mich nicht falsch: Es ist gut und wichtig, Ziele zu haben, egal ob beruflich oder privat. Das eigentliche Problem besteht darin, dass Neujahrsvorsätze dazu tendieren, unrealistisch und unkonkret zu sein. Bestes Beispiel ist wahrscheinlich die Anmeldewelle in Fitnessstudios zu Jahresbeginn. Wie viele Leute in Eurem Freundeskreis haben eine solche Mitgliedschaft und gehen eigentlich nie dorthin? Und wie viele dieser Menschen haben die Mitgliedschaft als Neujahrsvorsatz abgeschlossen?

Fast noch problematischer als unrealistische Vorsätze sind Vorsätze, die eigentlich nur gefasst werden, weil „alle das machen“. Schon Oma hat gesagt, man solle sich nicht ständig daran messen, was andere tun („Wenn alle von der Brücke springen – springst Du dann auch?“). In Zeiten von Fitnesstrackern, Wassertrinkuhren und hippen Influencern mit perfekten Leben Instagramfeeds fällt es wahrscheinlich vor allem jungen Menschen schwer, zu entscheiden, ob sie ein Ziel wirklich erstrebenswert finden oder nur darauf hineifern, weil es eben alle machen und es deshalb erstrebenswert erscheint. Menschen sind und bleiben Rudeltiere, die sich nur zu gerne einer Gruppe – oder noch besser – einer Identifikationsfigur anschließen und ihr nacheifern. Wenn das kein Stressfaktor ist, weiß ich auch nicht.

Wann ist „Ich will so bleiben, wie ich bin“ aus der Mode gekommen – und warum eigentlich?

Die Älteren von Euch erinnern sich vielleicht noch an die Werbekampagne einer bekannten Wurstmarke, die in den 90ern den Slogan „Ich will so bleiben, wie ich bin!“ groß machte und um die Jahrtausendwende danach fragte, wer zur Hölle eigentlich Paul ist. Auch wenn ich die Produkte nicht kaufe (fettreduzierte Wurst? Nee… ), finde ich die Botschaft dahinter immer noch gut, denn sie propagiert eine Lebensweise, in der Menschen sich gut finden, so wie sie jetzt gerade sind – völlig unabhängig, was andere darüber denken.

Im Jahr 2018 ist davon nicht mehr viel übrig, denn nichts ist so out, wie so zu bleiben, wie man ist. An diese Stelle ist der Wunsch nach Selbstoptimierung getreten.  Alle streben danach, die bestmögliche Version ihrer selbst zu werden – und der Jahresbeginn ist einer dieser Zeitpunkte im Jahr, zu dem mir das besonders auffällt (und auch besonders auf den Keks geht). Bleibt dabei nicht die Gegenwart, der Spaß am Leben, so wie es jetzt gerade ist, auf der Strecke? Und was passiert, wenn mal ein Ziel verfehlt wird?

Neues Jahr, altes Ich

Der Januar ist nicht mein Lieblingsmonat, so viel dürfte klar sein. Daher bin ich nicht böse darum, dass morgen bereits der Februar beginnt. Ich verrate Euch trotzdem noch meinen Vorsatz für 2018: keine Vorsätze. Ich gehe nicht zum Sport. Ich esse weiter Schokolade und trinke Wein, wenn mir danach ist. Ich schaue auch 2018 zu viele TV-Serien, sortiere zu selten meine Ablage und schiebe lästige Haushaltspflichten auf. Ich lege mich nach der Arbeit aufs Sofa und mache einfach nichts. Ich mache Urlaub irgendwo am Strand und keinen Selbstfindungstrip in Vietnam oder Peru. Ich bin ziemlich unperfekt, aber so bin ich eben. Mit 10.000 Schritten am Tag oder mehr Kohlrabi wird sich das auch nicht ändern. Nur meine Laune, die wäre wesentlich schlechter.

Und sonst so? – Der Januar in Kurzform

Arbeit: Kollegen kommen, Kollegen gehen, Kunden kommen, Kunden gehen. Es bewegt sich einiges.

Gesundheit: Hätte besser sein können. Ich habe den ganzen Monat mit Bauchschmerzen gekämpft, für die kein Arzt eine Ursache finden konnte. Bin immer noch nicht komplett wieder auf dem Damm.

Hobbys: Ich habe einen Schal gehäkelt. Der Herr Koch und ich haben den inzwischen schon siebten Tanzkurs begonnen und arbeiten daran, in allen Tänzen die verschiedenen Figuren zu verbessern. Nur im Wiener Walzer nicht – da sind wir froh, wenn wir niemanden verletzen, uns selbst eingeschlossen. Große Liebe außerdem für TRUE von yogawithadriene.com. Ich hasse Sport, aber Yoga mit Adriene ist kein „normaler“ Sport. Das sagt schon das Motto „Find what feels good“. War den ganzen Monat mein perfekter Start in den Feierabend.

TV-Serien: Stromberg beendet. Eine weitere Staffel Grimm (Staffel 4) sowie eine weitere Staffel The Good Wife (Staffel 6) abgeschlossen – beides tolle Serien. Viel Spaß und viele Flashbacks beim Rewatch der ersten Staffel The Vampire Diaries gehabt. Viel gegruselt bei der finalen Staffel Pretty Little Liars, mit der ich noch nicht durch bin. Außerdem Friends, Staffel 4, ebenfalls noch in Arbeit.

Unternehmungen: Nicht sonderlich viel, auch der Gesundheit wegen. Mit dem Herrn Koch im Zoo gewesen.

Was mich glücklich gemacht hat: Dass meine Schwester ihren Uniabschluss gemacht hat. Die Vorfreude auf den Überraschungstrip mit dem Herrn Koch an meinem Geburtstag und die Vorfreude auf den Besuch bei der Familie dieses Wochenende. Vorfreude ist die schönste Freude.

Was mich traurig gemacht hat: Wie schlecht es sich anfühlt, krank zu sein, ohne dass dafür eine Ursache gefunden wird. Wie anstrengend es ist, im Alltag zu funktionieren und die Fassade aufrecht zu erhalten, wenn es einem nicht gut geht.

Wie war Euer Januar? Findet Ihr Neujahrsvorsätze auch so anstrengend oder motivieren sie Euch, Ziele zu erreichen? Und was haltet Ihr von dem Trend zur Selbstoptimierung?