„A son for a son…“

– Cameron Hayes

Auge um Auge, Zahn um Zahn. Wenn es um Rache geht, halten es die bösen Jungs alle gleich, egal ob Son, Ire, Mayan oder Niner. Welche verheerenden Auswirkungen dieses archaische Motto für die Clubangehörigen haben kann, das erlebt der Zuschauer auf dramatische Weise in Staffel drei meiner momentanen Lieblingsserie.

Zum Inhalt

Ausnahmsweise finde ich die Inhaltszusammenfassung bei Amazon wirklich gelungen. Ich zitiere: „In der dritten Staffel des Serienhits von Produzent und Autor und Schauspieler Kurt Sutter wird Jax, Sohn des Gründers des gesetzlosen Biker-Clubs „Sons of Anarchy“, von den Sünden seines Vaters eingeholt. Die Entführung von Jax‘ kleinem Sohn Abel löst Chaos und Verwirrung aus und dass Gemma ein Mord in die Schuhe geschoben wird, verschärft die Situation noch mehr. Abels Spuren führen SAMCRO nach Irland und schließlich kommen Geheimnisse ans Licht, die die Bruderschaft schwer erschüttern. Jax kämpft mit Fragen, auf die er keine Antworten findet – und dabei geht es für ihn um alles: das Erbe seines Vaters, die Zukunft des Clubs und nicht zuletzt das Schicksal seiner Familie.“

Die Vergangenheit überschattet alles

Auch in Staffel 3 steht Jax‘ – wie die Zusammenfassung es bereits andeutet – im Zentrum der Geschichte. Seine Zweifel am Club nagen an ihm, insbesondere seit Abels Entführung durch Cameron Hayes. So ist und bleibt er hin- und hergerissen zwischen seinem Pflichtgefühl Clay, Gemma und den Sons gegenüber und dem Wunsch, die Vision seines Vaters in die Realität umzusetzen. Dazu kommt natürlich, dass Jax kein anderes Leben als das eines „Outlaws“ kennt und durch sein Umfeld überhaupt nicht dazu in der Lage ist, Probleme auf legale Weise zu lösen. Diese Unzufriedenheit mit seinem Lebensstil wird durch die Bekanntschaft mit seiner irischen Halbschwester und Abels potentiellen Adoptiveltern – einem Vorzeigeehepaar – eher noch befeuert als abgemildert. Und so wundert es letztlich nicht, dass er sich aus diesem Dilemma nicht anders zu befreien weiß, als sich auf einen Deal mit der eiskalten Agentin Stahl einzulassen (er liefert ihr den irischen Gangster Jimmy O’Fallon, sie lässt dafür seine Mutter und seinen Club in Frieden), der ihn das Leben kosten kann.

Freund oder Feind? – Die Iren

Wie auch die ersten beiden Staffeln zeichnet Staffel drei zunächst ein recht klares Feindbild: Die IRA rund um Jimmy O’Fallon und Cameron Hayes, Abels Entführer. Der unvermeintliche Besuch der kalifornischen Sons bei ihrem irischen Charter zeigt dann jedoch auf, dass die Einteilung „Freund oder Feind“ so einfach nicht ist. Zu tief sind die Verbindungen der beiden MCs zur IRA und zu lang und ereingnisreich ihrer beider Geschichte. Selbst Abels vermeintliche Adoption durch ein irisches Paar erscheint nicht mehr nur negativ, wenn Pfarrer Ashby Jax vor Augen führt, welches Leben sein Sohn ohne ihn haben könnte.

Wenn Bilder Bände sprechen. Oder auch nicht…

In Staffel drei verlassen die Sons erstmals für längere Zeit ihr geliebtes Charming. Der Kontrast zwischen dem kargen, aber sonnigen Kalifornien und dem rauen, aber grünen Irland gibt den Machern der Serie die Chance, den Unterschied zwischen beiden Orten auch bildlich herauszuarbeiten. Während die Szenen in Kalifornien geprägt sind von Sonnenschein und warmen Farben wirken die Szenen in Irland dunkler, kälter, schmutziger. Über allem scheint ein Grauschimmer zu liegen, sogar über dem Vorspann, der das sonst so rockige Intro als irisches Volkslied einspielt. Die Sons sind zwar offiziell zu Besuch bei Freunden – die Bilder sprechen allerdings eine andere Sprache.

Neben den beiden Clubs, die eigentlich Verbündete sind, aber sich über die Jahre doch mehr entfernt haben, als alle Beteiligten sich eingestehen wollen, zeigen die Bildwelten dem Zuschauer auch den Riss, der sich zwischen Jax und seinem Club auftut. Vermehrt sehen wir den Vice President Dinge allein in die Hand nehmen, allen voran natürlich seinen Deal mit Agent Stahl. Seine heimlichen Telefonate und Treffen mit ihr schüren die Ängste des Zuschauers, was passiert, wenn Clay davon erfährt. Ich zumindest glaubte zu keinem Zeitpunkt daran, dass diese eiskalte Frau Wort halten und Jax‘ Betrug geheimhalten wird. Dass es am Ende anders kommt, ist auf die unzuverlässige Erzählweise zurückzuführen. Während in Staffel eins rund um die Opie-Story geschickt mit Andeutungen Spannung erzeugt wurde, ist es am Ende von Staffel drei ein großer und unerwarteter Twist, der die Ereignisse der vorangegangenen zwölf Folgen in einem völlig anderen Licht erscheinen lässt.

Fazit

Showrunner Kurt Sutter weiß zu jedem Zeitpunkt ganz genau, was er tut und wohin es mit den Sons in der jeweiligen Staffel gehen soll. Das dramatische Finale der zweiten Staffel legt bereits den Grundstein für die Geschichte der dritten Staffel. Abels Entführung, Gemmas Mordanklage, die Reise nach Belfast und Jax‘ Deal mit Agent Stahl sind Konsequenzen der Ereignisse in Folge 13×2. Der Übergang zwischen den beiden Staffeln wirkt darum organischer, fließender als es noch zwischen Staffel eins und zwei der Fall war. Insgesamt ist die Serie in Staffel drei so gefestigt, dass auch ein sich über mehrere Folgen erstreckender Wechsel des Schauplatzes kein Problem mehr dastellt. Auch wenn ich froh war, als die Jungs sich wieder nach Hause begeben haben, war die Reise unausweichlich und hat zur Weiterentwicklung der Geschichte beigetragen, allen voran natürlich durch die Enthüllungen über John Tellers Vergangenheit. Das Staffelfinale dann hat mich extrem überrascht und mit einer Wendung überzeugt, die unerwartet, komplex und durchweg befriedigend war.

Weiterempfehlung: Auch in Staffel drei überzeugt Sons of Anarchy durch eine klug konzipierte Story mit überraschendem Ausgang. Daneben stehen vor allem die Aufarbeitung vergangener Ereignisse und die Charakterentwicklung der Hauptfiguren im Vordergrund. Der schwelende Konflikt Clay vs. Jax tritt bisweilen etwas in den Hintergrund, aber nicht so sehr, dass er in Staffel 4 nicht erneut so richtig aufflammen könnte. Es liegt ein Machtkampf in der Luft…

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