Der Mittwochabend ist im Herzen der Damen, die etwas für Guilty Pleasure-Serien übrig und ein gewisses Alter erreicht haben, unweigerlich mit einer Serie assoziiert: Grey’s Anatomy. In mühevoller Kleinarbeit hat der Privatsender aus München mit der viertkleinsten Primzahl im Namen uns dazu erzogen, mittwochs zu Hause zu bleiben und ab 20.15 Uhr McDreamy bei der Arbeit zuzuschauen. Danach blieben wir natürlich dran und schauten auch noch Private Practice, das Hochglanz-Spin-Off.

Irgendwann wanderten auch andere Serien auf diesen Sendetermin und seit geraumer Zeit verballert man dort ganze Serienstaffeln in wenigen Wochen und nennt dies hochtrabend „Serienevents“. Under The Dome wurde zum Beispiel so abgearbeitet. Ich nenne es etwas despektierlich „abgearbeitet“, weil diese Art der Ausstrahlung für mich gehetzt wirkt; so, als wolle man schnell damit fertig werden oder müsse diese Staffel zügig hinter sich bringen, Augen zu und durch. Man merkt: Mir missfällt das. Wenn ich bingewatchen will, dann kann ich das auf Netflix oder Amazon Instant Video oder sonstwo tun. Da kann ich mir aussuchen, wann ich Zeit und Lust auf einen Marathon habe. Das Fernsehen, bitte schön, möge dem bekannten Ein-oder-maximal-zwei-Folgen-pro-Woche-Konzept treu bleiben und nicht so tun, als wäre es ein Streamingdienst. Manchmal wünschte ich wirklich, man hätte beim bayerischen Sender mehr Mut, konservativ zu sein, so uncool das auch klingt.

Immerhin hatte Quantico das Glück, der Eventprogrammierung nur bedingt zum Opfer zu fallen. Meist wurden zwei Folgen pro Abend präsentiert, höchstens ausnahmsweise mal drei. Was mein Interesse an dieser Serie ausgelöst hat, weiß ich im Nachhinein betrachtet auch nicht so recht. Vielleicht die Tatsache, dass es ums FBI geht und ich damit schon gute Erfahrungen gemacht habe (Fringe). Vielleicht war es auch schlicht der Mitwochabend, der mich aus Gewohnheit einen bestimmten Sender einschalten ließ. Man weiß es nicht. Nun habe ich jedenfalls Staffel 1 in Gänze geschaut und kann euch an diesem Erlebnis teilhaben lassen.

Der restliche Beitrag enthält leichte Spoiler zur Handlung, aber nicht zum Ausgang der Staffel!

File:FBI Academy.jpg

FBI-Akademie in Quantico, Virginia

(Quelle: unbekannter Fotograph (FBI Photosimage source) [Public domain], via Wikimedia Common; Link zur Originaldatei)

In Quantico dreht sich alles um eine Gruppe angehender FBI-Agenten, die der Zuschauer während ihrer Ausbildung in – große Überraschung – Quantico begleitet. Auf einer zweiten Zeitebene sieht er diese Agenten Monate später, wie sie versuchen, einen Terroranschlag in New York aufzuklären, den mutmaßlicherweise einer von ihnen verübt hat. Im Zentrum der Geschichte steht Alex Parish (Priyanka Chopra), die einerseits beweisen muss, dass sie keine Schuld an dem Anschlag trägt, andererseits aber auch mit vielen privaten Problemen (Familie, Freunde, Liebe) zu kämpfen hat.

Die Idee, die Geschichte auf zwei Zeitebenen zu erzählen und damit sozusagen von hinten aufzurollen, ist nicht uninteressant. Gerade der Fakt, dass von Anfang an klar ist, dass der Terrorist jemand sein muss, der zur selben Zeit wie Alex in Quantico war, baut eine gewisse Spannung auf, da jeder verdächtig ist. In den Rückblenden guckt man als Zuschauer genauer hin und fragt sich, wer es denn jetzt gewesen sein könnte. Dabei werden bewusst verschiedene Pfade offen gehalten oder falsche Fährten gelegt, sodass ich bis zur Auflösung wirklich nicht wusste, wer denn nun der Schurke ist.

Neben der Krimistory gibt es in Quantico aber natürlich auch das, was der Zuschauer vom Mittwochabend kennt: etwas Liebesdrama, etwas Schnulz, Streit unter Freunden, Ärger mit der Familie. Wenn man hart wäre, könnte man sagen Quantico ist wie Grey’s Anatomy – nur statt der Patientengeschichten gibt es hier die Terrorstory. Etwas freundlicher formuliert ist Quantico eine recht spannende Krimiserie mit einem deutlichen Touch Drama/Liebe und politisch höchst korrekten Charakteren. Hier gibt es fast nichts, was es nicht gibt: Agenten mit asiatischen Wurzeln, Farbige, Schwule, Juden, ein muslimisches Zwillingspaar, Arme, Reiche, Alleinerziehende, Waisen etc. Ich bezweifele zwar, dass das FBI in Wirklichkeit so bunt rekrutiert, aber sei es drum. Langweiliger wird es durch diese Mischung jedenfalls nicht.

Quantico ist sicherlich keine Serie, die man unbedingt gesehen haben muss, aber ganz bestimmt auch keine zum Davonrennen. Als Vertreter unserer Lieblingsärzte hat sie sich nicht schlecht geschlagen und ich hatte mit ihr Mittwochabende, wie ich sie kenne. Für Serienfans gibt es zudem in Quantico ein Wiedersehen mit einigen Darstellern, die aus anderen Serien bekannt sind (z. B. Josh Hopkins, Marcia Cross, Mark Pellegrino, Kelly Rutherford). Auch Priyanka Chopra ist zumindest Bollywoodfans wohl ein Begriff, auch wenn ich die Dame bislang nicht kannte.

Weiterempfehlung: Kein Pflichtprogramm für Serienfans, aber doch nette Unterhaltung für alle, die Krimis mögen, aber eher auf leichte Kost stehen.

Merken

Merken