Als Kind habe ich Basteln gehasst. Ausschneiden, kleben, anmalen – es war mir ein Graus. Mag sein, dass das damit zusammenhängt, dass ich Linkshänder bin und man es nie für nötig hielt, mir eine Linkshänderschere zu kaufen. Mag auch sein, dass es damit zusammenhängt, dass ich ein bisschen tollpatschig und bisweilen unkoordiniert bis unbeholfen bin. Sei es wie es sei – Basteln war blöd. Kunst in der Schule war übrigens auch nicht mein Ding. In der Oberstufe belegten alle weiterhin Kunst, um die Mindeststundenanzahl zu erfüllen. Ich belegte Wirtschaft/Politik und Latein.

An sich komme ich aus einer recht kreativen Familie. Mehrere Familienmitglieder sind Tischler und entwerfen ohne Probleme die tollsten Möbel, welche sie dann auch noch exakt anfertigen. So stehe ich immer wieder in der Familienwerkstatt und bewundere Schreibtische, Schränke, Tische, Stühle und Treppen und finde es großartig, dass sie so etwas können. Eine meiner Tanten ist Grundschullehrerin, u. a. für das Fach „Textiles Werken“ (Gibt es dieses Fach eigentlich deutschlandweit oder ist das ein schleswig-holsteinisches Phänomen?) und kann nicht nur mit Stoffen und Wolle umgehen, sondern auch mit Papier. Meine eigene Schwester erfreut die Familie und sämtliche Bekannte jedes Jahr wieder zur Weihnachtszeit mit Fröbelsternen in allen Größen und Farben. Auch das restliche Jahr über hat sie ein Faible für Fenster- und Wanddeko aus Papier. Kann man wirklich aus so einer Familie kommen und keinerlei kreatives Talent haben? Gut, ich lebe meine Kreativität mit Worten aus, aber da muss doch noch mehr in mir schlummern.

So hat es mich dann doch irgendwann gepackt und ich habe mir Wolle und Häkelnadeln gekauft. Seitdem gibt es kein Halten mehr.

Am Anfang war es nicht ganz so leicht für einen Bewegungslegastheniker wie mich, die grundlegenden Techniken zu erlernen. Luftmasche, feste Masche, halbes Stäbchen, ganzes Stäbchen, Kettmasche, Zunahme, Abnahme, Häkeln in Runden – puh. Als sehr hilfreich habe ich dabei YouTube empfunden, das eine ganze Reihe an Häkelkanälen bereithält. Das größte Problem hier – wie auch in Häkelbüchern – besteht für mich natürlich darin, dass dort normalerweise Rechtshänder am Werk bzw. abgebildet sind. Ich als Linkshänder muss also stets alles spiegelverkehrt ausführen. Ich behaupte jetzt einfach mal, dass sich dadurch mein räumliches Vorstellungsvermögen in den letzten Jahren stark verbessert hat…

Eigentlich wollte ich in diesem Beitrag nur zusammenstellen, was ich in der letzten Zeit so auf der Nadel hatte. Nun habe ich ein bisschen weiter ausgeholt und euch auch die Hintergrundgeschichte serviert. Es erstaunt und erfreut mich immer noch (und immer wieder!), dass sich im Laufe des Lebens offenbar nicht nur Geschmäcker ändern, sondern man auch noch neue Fähigkeiten und Talente an sich entdecken kann, die man nicht unbedingt vermutet hätte. Alles, was es dafür braucht, ist Motivation, Neugierde, Entdeckerlust und ein bisschen Freizeit. Gerade Letzteres sollte nicht unterschätzt werden; ich glaube, die wenigstens Menschen haben die Muße dazu, in (familiären oder beruflichen) Stressphasen noch ein neues Hobby auszuprobieren oder sich etwas Neues beizubringen. Ich schleiche übrigens bereits seit einiger Zeit um Nähmaschinen herum und hätte riesige Lust, nach dem Häkeln auch noch das Nähen zu lernen. Das wird dann wohl mein nächstes Projekt. Aber jetzt erstmal zum eigentlichen Thema:

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Ich habe ein Faible für Tücher und Schals. Auch im Sommer trage ich gerne welche. Ich finde, ein schönes Tuch wertet z. B. ein einfarbiges T-Shirt enorm auf. Nun gut, wenn es warm ist, muss es nicht unbedingt der Winterschal sein. Mir fehlte ein luftiges Sommertuch in freundlichen Farben, das sich gut zu verschiedenfarbigen Kleidungsstücken kombinieren lässt. Nach einigen Abenden Arbeit ist dieses Dreieckstuch herausgekommen. Es wird von oben nach unten zur Spitze gehäkelt und zwar in Luftmaschenbögen; jede Reihe wird dabei um einen Bogen kürzer, sodass sich die Dreiecksform automatisch ergibt. Ich habe für dieses Tuch Wolle von Lana Grossa aus der Serie Elastico Print verwendet, die zu 96 % aus Baumwolle besteht. Insgesamt wurden etwa 2 1/2 Knäuel für dieses doch sehr große Tuch benötigt. Für eine Freundin habe ich das gleiche Tuch auch noch einmal mit Wolle aus der Serie Linea Pura, ebenfalls von Lana Grossa und sogar zu 100 % aus Baumwolle, gehäkelt. Leider habe ich es bereits verschenkt, ohne ein Foto davon gemacht zu haben. Ich bin mit beiden Tüchern aber sehr zufrieden; es hat Spaß gemacht, sie zu häkeln und ich trage mein Tuch gerne.

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Der Herr Koch und ich haben eine Haushaltskasse. Das Portmonee, welches wir bislang dafür verwendeten, hat vor einigen Wochen das Zeitliche gesegnet. Es war eh zu klein und auch kein Ausbund von Schönheit, also kein Verlust. Als Ersatz habe ich flugs an einem Abend dieses kleine Körbchen gezaubert. Neben Schals und Tüchern sind solche kleinen Alltagshelfer definitiv meine liebsten Häkelobjekte: Einfach einen quadratischen oder rechteckigen Boden häkeln und dann in Runden so lange nach oben arbeiten, bis die gewünschte Größe erreicht ist. Sicher hätte man hier auch noch Abnahmen machen könne, um das Körbchen oben enger zulaufen zu lassen, aber mir gefällt die umgekrempelte Variante auch ganz gut. Verwendet wurde dieses Mal Wolle von Rico aus der Serie Fashion Summer Print. Durch ihre Struktur (fast wie Bändchen-Garn) ist sie recht fest und stabil, sodass das Körbchen problemlos aufrecht steht und unser Kleingeld nun sicher verwahrt.

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Aus den Resten der Rico-Wolle entstand dann noch diese kleine Sternchenkette, die nun das Fenster zwischen Flur und Schlafzimmer schmückt. Ein bisschen improvisiert, aber hey – selbstgemacht!

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Aktuell rätsele ich, was einmal aus diesem Bändchengarn, von dem ich zwei Knäuel (insgesamt 200 g) besitze, werden soll. Meine Mutter hat es sich gekauft, wusste dann aber auch nichts damit anzufangen und hat es mir jetzt vererbt. Zwei Versuche, daraus einen Schal zu häkeln, sind bereits gescheitert; beide Male gefiel mir das Muster dann doch nicht. Falls irgendjemand eine Idee hat – immer her damit!

Ich hoffe, ich habe nun niemanden mit diesem Beitrag, der ja der erste dieser Art auf dem Blog ist, verschreckt. Keine Angst, ich werde mich nun nicht ständig in Häkelresultatbeschreibungen ergehen, hatte aber einfach Lust, mal über dieses Hobby zu schreiben. Habt ihr auch kreative Hobbys? Häkelt, strickt, näht, bastelt, werkelt ihr vielleicht? Oder kann man euch damit jagen, so wie mich früher auch?