Vor geraumer Zeit schrieb ich ja bereits im Beitrag Englische Wochen, wie wenig mich das Spiel mit dem Ball, den zwei Toren und den 22 Männern interessiert. Nein, es ist nicht besser geworden mit mir und dem Fußball, ich sage es gleich. Obwohl jetzt WM ist.

Manchmal frage ich mich, ob ich die Verrückte bin, weil ich nicht 24/7 über so spannende Spiele wie Honduras gegen die Elfenbeinküste philosophieren will. Ich will sie auch nicht sehen, nicht live (ich schlafe gerne nachts, danke!) und auch keine Zusammenfassung (höchstens in Nachrichtensendungen). Entziehen kann ich mich dem trotzdem nicht. Selbst im von mir hochgeschätzten und jeden Morgen wirklich nur selten konsumierten Morgenmagazin dreht sich alles nur noch um Fußball. Die Taktiktafel wird freudig alle paar Minuten von einem anderen Moderator beackert. Richtige Nachrichten scheint es nicht mehr zu geben. Irak? Pfft. Ukraine? Will auch keiner mehr hören. Syrien? Redet schon seit Monaten niemand mehr drüber. Dann doch lieber auch noch die wirklich unstrittigste gelbe Karte aus dem Top-Spiel Uruguay – Südkorea oder whatever zu Tode analysieren. Vor acht Uhr morgens und – noch wichtiger – vor meinem ersten Kaffee empfinde ich das schon als Zumutung. Da kann Gerald Asamoah oder sonst ein Experte noch so sympathisch in die Kamera lächeln. Wenn ich nicht aus Prinzip nicht mehr als nötig mit der GEZ kommunizieren würde, würde ich denen mal einen netten Brief schreiben und fragen, ob sie mir für die Dauer der WM den Rundfunkbeitrag erstatten. Davon kaufe ich mir dann entweder 5 kg Kaffee, um das Taktikgelaber im Morgenmagazin überstehen zu können („Echte oder falsche Neun?“ „Doppelsechs?“) oder zwei Serienstaffeln auf DVD, um nicht aus Versehen doch noch abends in ein Spiel zu zappen in nächster Zeit.

Aber ich komme vom Thema ab.

Eigentlich wollte ich gar nicht über Fußball schreiben, sondern über zwei englische TV-Serien, die ich mir in letzter Zeit angeschaut habe. Darum also englische Wochen. Himmelfahrt und Pfingsten war es ja endlich soweit und auch ich habe mich gefreut wie ein Schnitzel: die dritte Staffel Sherlock (hier einen quietschigen Freudenschrei einfügen) hat ihren Weg ins deutsche Fernsehen gefunden! Sowas darfst du von meinen Gebühren kaufen, liebe ARD! Außerdem habe ich mir in den letzten Wochen die ersten drei Staffeln der britischen Historien-Adels-Serie Downton Abbey angeschaut und auch daran wahrlich meine Freude gehabt. Aber der Reihe nach. Zunächst der Mann aus der Baker Street mit dem unverkennbaren Mantel und der scharfen Auffassungsgabe.

Sherlock Holmes ist zurück! Ganze zwei Jahre sind seit seinem vermeintlichen Tod vergangen und – obwohl Sherlock es nicht fassen kann – ging Johns Leben auch ohne ihn weiter. Er arbeitet als Arzt und ist aus der Baker Street ausgezogen. Das hat seine Gründe, denn er hat nämlich eine Frau, Mary, kennengelernt und beide stehen kurz vor ihrer Hochzeit. In dieses gemächliche Dasein platzt der auferstandene Meisterdetektiv und natürlich dauert es nicht lange, bis beide wieder zusammen an Fällen arbeiten. In The Empty Hearse (3×01) verhindern sie in letzter Sekunde einen Bombenanschlag, in The Sign of Three (3×02) löst Sherlock während seiner Rede als Trauzeuge auf Johns und Marys Hochzeit einen Fall und in His Last Vow (3×03) schlagen beide sich mit einem Bösewicht herum, der die Schwäche jeder einzelnen Person herausfinden und diese schamlos zu seinen Gunsten ausnutzen kann.

Die dritte Staffel Sherlock ist die erste, die ich auf Deutsch gesehen habe und ich muss gestehen, dass es mich weniger gestört hat als erwartet. Ja, ich schaue mir bei Gelegenheit gerne noch einmal die unsynchronisierte Fassung an, aber auch so hatte ich drei unterhaltsame Abende mit Sherlock und John. Auch die doch recht umstrittene zweite Episode The Sign of Three hat mir gefallen ebenso wie der Cliffhanger am Ende der Staffel (Moriarty – WTF?!?). Störend ist allein die Aussicht, wahrscheinlich bis 2016 (!) auf Staffel 4 warten zu müssen. Och nee!

Zum Glück produzieren die Briten ja wenigstens noch einige andere TV-Serien, die sich zum Vertreib der Zeit bis zur nächsten Sherlock-Staffel hervorragend eignen. Eine solche ist Downton Abbey, in welcher die Geschichte der britischen Adelsfamilie Crawley und ihrer Dienstboten erzählt wird. Die Crawleys (Vater, Mutter und drei erwachsene Töchter) leben auf ihrem Familiensitz, Downton Abbey, irgendwo in Yorkshire zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Die Crawleys sind aber nur die eine Seite der Serie, denn nicht nur Freud und Leid der Adligen (fehlender Erbe/gefundener Erbe, unpassende/passende Ehemänner für die Töchter, Geldprobleme, Tod) werden in der Serie thematisiert. Mindestens genausoviel Raum nehmen die Geschichten rund um die Dienstboten ein. Diese schlagen sich ebenso mit Liebe, Leid und Unglück herum wie ihre Herren.

Diese ausgeglichene Erzählweise hat mir besonders gut an Downton Abbey gefallen. Sie zeigt nämlich v.a., wie unterschiedlich und gleichzeitig doch verwoben die Leben von Adligen und ihrem Personal in der damaligen Zeit waren und dass beide Seiten ähnliche Themen beschäftigen (Krieg, Liebe, Tod, Familie). So ist etwa der Butler Carson für die Crawley-Töchter ebenso eine Vaterfigur wie ihr eigener Vater und auch die Crawleys nehmen Anteil am Leben ihrer Dienstboten (z.B. nach der Inhaftierung von John Bates). Absolut großartig finde ich zudem Maggie Smith in ihrer Rolle als krittelnde und nicht auf den Mund gefallene Großmutter der Crawleytöchter, die für diese Darstellung auch bereits zweimal den Emmy gewonnen hat. Außerdem sind die Kulissen und die Kostüme der Serie phantastisch und vermitteln dem Zuschauer das Gefühl, wahrlich in den 1910er/1920er Jahren zu Gast zu sein.

Call me crazy, aber das gucke ich mir dann doch lieber an als Fußball. Sorry, WM.